[UPDATE 01. Februar 2024]
Einladung durch „igenos Deutschland e.V. – Interessengemeinschaft der Genossenschaftsmitglieder“
Wie Sie wissen, fand am 25.01.2024 eine „außerordentliche Generalversammlung“ der CO.NET Verbrauchergenossenschaft eG in Jork statt. Hierzu eingeladen hatte allerdings nicht die CO.NET selbst, sondern die „igenos Deutschland e.V. – Interessengemeinschaft der Genossenschaftsmitglieder“. Ausweislich der Darstellung der igenos auf ihrer Homepage behauptet diese, die Interessen der 3.860 Mitglieder der CO.NET eG zu vertreten und den Vorstand sowie den Aufsichtsrat der CONET eG bei der Umstrukturierung zu unterstützen.
Diese Einladung erschien bereits deswegen „dubios“, weil gem. § 44 Abs. 1 Genossenschaftsgesetz (GenG) eine Generalversammlung ausschließlich vom Vorstand der Genossenschaft einberufen werden kann. Wenn es also – wie in der Einladung angekündigt – zu Beschlussfassungen gekommen wären, hätten zumindest nicht unerhebliche Zweifel an deren Wirksamkeit bestanden. Tatsächlich gab es keine Beschlussfassungen, da die Tagesordnung kurzfristig geändert worden war und „nur“ noch eine „Aussprache“ erfolgen sollte. So hat etwa auch der Vorstandsvorsitzende der CO.NET, Herr Limberg, wiederholt betont, dass er selbst auch nur „Gast“ auf der Veranstaltung der igenos sei.
Erklärung zu Immobilien
Bezüglich der Immobilien erklärte Herr Limberg, dass diese tatsächlich nicht im Eigentum der CO.NET Verbrauchergenossenschaft eG, sondern im Eigentum der CO.NET Card Services S.L. stünden. Hierbei handele es sich jedoch um eine 99%-ige Tochtergesellschaft der CO.NET Verbrauchergenossenschaft eG mit Sitz in Spanien, weshalb diese Immobilien also „indirekt“ den Mitgliedern der CO.NET Verbrauchergenossenschaft eG gehören würden. Hierzu ist anzumerken, dass es „indirektes Eigentum“ nicht gibt. Die in die Genossenschaft eingezahlten Beträge wurden also nicht zum Erwerb von Immobilien (Sachwerten) durch die Genossenschaft verwendet, sondern vielmehr einer spanischen Gesellschaft zur Verfügung gestellt, die ihrerseits die Immobilien zu Eigentum erworben hat – bzw. erworben haben soll. Dies erklärt dann wohl auch den Umstand, dass in der Bilanz der CO.NET Verbrauchergenossenschaft eG für das Jahr 2021 Sachwerte (etwa der Erwerb einer eigenen Immobilie) lediglich mit etwa EUR 1,3 Mio. und Finanzanlagen (etwa die Vergabe von Kapital an Dritte, damit diese eine Immobilie erwerben können) mit etwa EUR 88,5 Mio ausgewiesen werden.
Die anwesenden Vertreter der igenos berichteten in diesem Zusammenhang, dass sie sich auf Mallorca persönlich von dem sehr guten Zustand der Immobilien überzeugt hätten. Diese gebe es also tatsächlich und man habe sogar die Grundbücher eingesehen, aus denen sich die Eigentümerstellung der CO.NET Card Services S.L. ergebe. Angaben zu etwaigen Belastungen der Immobilien konnten die Vertreter der igenos allerdings nicht machen, da die Grundbücher – welch eine Überraschung – auf spanisch geführt würden. Hinsichtlich der – ebenfalls auf spanisch – eingetragenen Eigentümerstellung der CO.NET Card Services S.L. sei man sich allerdings sicher.
Wirtschaftliche Lage der CO.NET
Bezüglich der finanziellen bzw. wirtschaftlichen Lage der CO.NET räumte Herr Limberg ein, dass es tatsächlich gewisse Probleme gebe. Es sei aber „ganz einfach“, diese zu beheben, man müsse nur wachsen. Verursacht worden seien die Probleme einerseits durch die Corona-Krise, die zu einem extemen Einbruch der Einnahmen aus der Bewirtschaftung der Immobilien geführt habe. Anders als in Deutschland habe es in Spanien kein Kurzarbeitergeld und keine Corona-Beihilfen gegeben, die zumindest einen Teil der Belastungen hätten auffangen können. Andererseits habe dann die BaFin in 2019 den weiteren Vertrieb von Genossenschafstanteilen untersagt, da ein Prospekt nicht vorhanden sei. Man habe dann über zwei Jahre versucht, einen entsprechenden Prospekt zu erstellen, was etwa EUR 300.000 gekostet habe; der Prospekt sei von der BaFin allerdings nicht akzeptiert worden. Angeblich – so Herr Limberg – habe die BaFin zwischenzeitlich eingeräumt, dass ihr ein Fehler unterlaufen sei. Herr Limberg konnte (oder wollte) allerdings nicht erklären, warum das Verfahren um die Untersagung vor dem Frankfurter Verwaltungsgericht dann nicht bereits seine Erledigung gefunden hat.
Des Weiteren räumte Herr Limberg auf Nachfrage ein, dass es tatsächlich Steuerschulden in Höhe von etwa EUR 3,1 Mio gebe und dass hinsichtlich des Firmensitzes in Drochtersen eine Zwangsversteigerung drohe. Diese solle durch den Verkauf eines Hotels in Spanien abgewendet werden. Tatsächlich bemüht sich die Genossenschaft bereits seit 2022 um eine Veräußerung, die ihr bis heute nicht gelungen ist. Völlig unklar erscheint zudem, welchen Wert das Hotel hat bzw. welcher Preis tatsächlich erzielt werden könnte. Zudem stellt sich die Frage, wie die Genossenschaft Einnahmen erzielen und wachsen möchte, wenn die Einnahmequelle – bzw. ein Teil davon – veräußert wird.
Auszahlungen an Genossenschaftsmitglieder, die ordnungsgemäß gekündigt haben, seien derzeit nicht möglich. Einerseits mangele es an den erforderlichen liquiden Mitteln, andererseits sei man derzeit nicht in der Lage, das sog. Auseinandersetzungsguthaben zu ermitteln. Auszahlungen könnten nur dann vorgenommen werden, wenn entweder eine Immobilie veräußert wird oder neues Kapital eingeworben werde. Letzteres könnte allerdings auf ein sog. Schneeballsystem hinauslaufen, bei welchem frisches Kapitals dazu verwendet wird, Altanleger auszuzahlen.
Die Lösung der finanziellen und wirtschaftlichen Probleme scheinen Herr Limberg und die igenos in einer Umstrukturierung zu sehen, bei der etwa die Genossenschaft in eine genossenschaftliche Aktiengesellschaft umgewandelt wird. Der Vorteil sei, dass sich die Einwerbung neuen Kapitals für eine Aktiengesellschaft einfacher gestalte als bei einer Genossenschaft. Aus unserer Sicht handelt es sich hierbei um einen Trugschluss, denn auch für den Vertrieb von genossenschaftlichen Aktien wird ein Verkaufsprospekt benötigt, an dessen Gestaltung die Genossenschaft ja bereits schon einmal gescheitert ist.
Zudem könnten derartige Aktien nicht frei an der Börse gehandelt werden. Um sich also von einem Anteil an der genossenschaftlichen AG zu trennen, ist man bei einer Aktie darauf angewiesen, einen Käufer zu finden und sich mit diesem über einen Preis zu einigen. Einfacher ist die Trennung von einem Genossenschaftsanteil, wo man sich durch eine einfache Kündigung aus der Mitgliedschaft lösen und einen Anspruch auf die Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens begründen kann. Seitens der CO.NET hieß es auf der Versammlung, es sei ja kein Problem, die Aktie innerhalb der CO.NET-Gemeinschaft zu veräußern; dies sei sogar leichter als die Übertragung eines Genossenschaftsanteils. Abgesehen davon, dass nach unserer Auffassung die Übertragung eines Genossenschaftsanteils nicht schwieriger sein dürfte als die Veräußerung einer Aktie, besteht der wesentliche Schönheitsfehler darin, dass man zunächst einen Käufer für die Aktie finden müsste, während bei der Kündigung eines Genossenschaftsanteils ein Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens mit der Abgabe der Kündigungserklärung besteht, die jede/r selbst in der Hand hat.
Als allgemeinen Eindruck lässt sich festhalten, dass die Stimmung unter den anwesenden Genossenschaftsmitgliedern mehrheitlich schlecht war (gereizt, wütend, enttäuscht, hilflos). Nicht ohne Grund dürfte der Veranstalter eine beachtliche Anzahl an Security-Personal engagiert haben. Es gab natürlich auch einzelne Stimmen, die sich trotz allen „Ärgers“ optimistisch zeigten und sogar auf „die Anwälte“ schimpften, die nach ihrer Meinung die Genossenschaftsmitglieder regelrecht aufstacheln und zum Austritt drängen würden mit der Folge, dass sich die ohnehin schon schwierige finanzielle Lage – für die bei objektiver Betrachtung sicherlich nicht „die Anwälte“ verantwortlich gemacht werden können – noch weiter verschlechtern würde. Selbst Herr Limberg „drohte“ mehr oder weniger unverhohlen mit einer Insolvenz, sollten sich zu viele Mitglieder für einen vorzeitigen Ausstieg entscheiden. Eine solche Insolvenz droht nach unserer Auffassung aber unabhängig davon, wie viele Mitglieder sich für einen vorzeitigen Ausstieg entscheiden. Diejenigen, die einen Ausstieg vor einer möglichen Insolvenz bewerkstelligen können, haben dann jedenfalls die besseren Chancen, zumindest einen Teil ihres Vermögens zu retten, als diejenigen, die bis zum Schluss ihren Genossenschaftsanteil bei der CO.NET belassen.
Nach unserer Auffassung muss letztendlich jedes Genossenschaftsmitglied für sich selbst entscheiden, ob sich der eingebrachte Genossenschaftsanteil bei der Genossenschaft oder auf dem eigenen Bankkonto „wohler fühlt“.