Auf der Homepage der Co.Net Verbrauchergenossenschaft eG ist nachzulesen, dass diese im Jahr 2001 gegründet wurde. Mitglied kann jede/r werden, die/der einen Geschäftsanteil in Höhe von mindestens EUR 500 erwirbt. Für eine Vollmitgliedschaft sind hingegen 4 Geschäftsanteile á EUR 500 erforderlich.
In einem Flyer der Co.Net werden jährliche Dividenden in Höhe von 6-10% auf den jeweiligen Genossenschaftsanteil in Aussicht gestellt.
Ziel der Co.Net sei es, ihren Mitgliedern „durch Kooperation mit vielen Handelspartnern viele Vorteile im Alltag zu verschaffen. Dies sind z.B. Rabatte und Gutschriften für Einkäufe bei unseren Partnern. Die Geschäftsanteile werden in Sachwerten angelegt.“ Hierbei soll es sich um Anlagen in Ferienimmobilien handeln. Besonders aktiv scheint die Co.Net dabei in Cala Ratjada zu sein, einem Ferienort im Nordosten der spanischen Mittelmeerinsel Mallorca. Dort will die Co.Net verschiedene Hotels und Ferienappartements erworben haben, um mit deren Vermietung Geld zu verdienen und nicht zuletzt auch die in Aussicht gestellten Dividenden zahlen zu können.
Sachanlagen versus Finanzanlagen
Wirft man allerdings einen Blick in den Jahresabschluss der Co.Net für das Jahr 2021, dann wird dort zwar ein Anlagevermögen in Höhe von knapp 90 Mio. EUR ausgewiesen. Sachanlagen – also ein Direktinvestment in eine Immobilie etwa – machen mit etwa 1,3 Mio EUR lediglich einen nahezu vernachlässigbar kleinen Anteil am gesamten Anlagevermögen der Co.Net aus. Der größte Teil des Anlagevermögens hingegen entfällt mit etwa 88,5 Mio EUR auf „Finanzanlagen“. Tatsächlich also scheint die Co.Net weniger in eigene Immobilien, sondern vielmehr in Anlageprodukte oder Gesellschaften investiert zu haben, die – möglicherweise – ihrerseits in Immobilien investieren. Dies würde aber bedeuten, dass die – vermeintliche – Sicherheit eines Direktinvests, welches der Co.Net den unmittelbaren Zugriff auf „ihre“ Immobilien ermöglichen würde, in Wirklichkeit gar nicht besteht. Die Geschäftsanteile der Genossenschaftsmitglieder wären vielmehr entgegen dem Versprechen der Co.Net nicht „in Sachwerten angelegt“, sondern vielmehr Dritten zur Verfügung gestellt worden, die ggf. ihrerseits mit dem Kapital der Co.Net-Mitglieder in eigene Immobilien investieren.
Vergleich mit einem geschlossenen Immobilienfonds
Dieses Geschäftsmodell ist vergleichbar mit einem geschlossenen Immobilienfonds, bei welchem Kapitalanleger Anteile an einem Fonds erwerben, der wiederum das Geld der Anleger zum Erwerb und Betrieb von Immobilien verwendet. Läuft der Fonds „gut“, erhalten die Anleger eine jährliche Rendite auf ihre Kapitalbeteiligung; läuft der Fonds schlecht, erhalten die Anleger keine Rendite; läuft der Fonds ganz schlecht, fällt er womöglich in Insolvenz mit der Folge, dass das Anlagekapital vollständig verloren gehen kann. Es gibt dann also nicht nur keine Rendite, sondern auch keine Rückzahlung des ursprünglichen Kapitaleinsatzes.
Wie auf der Homepage der BaFin nachzulesen ist, befand diese bereits im Jahr 2019, dass es sich bei dem Geschäftsmodell der Co.Net in Wahrheit um den Vertrieb einer Vermögensanlage handele, weshalb aufgrund einer entsprechenden gesetzlichen Vorschrift seit dem 15.07.2015 ein von der BaFin gebilligter Emissionsprospekt vorhanden sein müsse, in welchem die Kapitalanlage beschrieben wird. Da ein solcher Prospekt weder bestand noch bis heute besteht, hat die BaFin der Co.Net am 27.12.2019 das öffentliche Anbieten von Anteilen, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, wegen eines Verstoßes gegen das Vermögensanlagegesetz (VermAnlG) mit sofortiger Wirkung untersagt. Die Co.Net ist der Auffassung, dass eine Prospektpflicht nicht bestehe. Den Widerspruch der Co.Net vom 30.01.2020 gegen diese Untersagung hat die BaFin mit Widerspruchsbescheid vom 02.06.2021 zurückgewiesen. Daraufhin hat die Co.Net Klage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt a.M. erhoben. Das gerichtliche Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Stiftung Warentest: Insolvenzantrag und Aufnahme in die Warnliste Geldanlagen
Die Stiftung Warentest wiederum hat mit Datum vom 18.10.2023 darauf hingewiesen, dass am 25.09.2023 beim Amtsgericht Stade (73 IN 73/23) ein Insolvenzantrag über das Vermögen der Co.Net gestellt worden sei. Bereits am 10.10.2023 sei der Beschluss über die vorläufige Insolvenzverwaltung allerdings wieder aufgehoben worden.
In ihre aktuelle „Warnliste Geldanlagen“ (Stand Oktober 2023) hat die Stiftung Warentest auch die Co.Net aufgenommen. In dieser Liste werden alle Unternehmen, Geldanlagegebote und Dienstleistungen der letzten zwei Jahre aufgeführt, die von der Stiftung Warentest negativ bewertet wurden. Für die Co.Net finden sich in dieser Liste fünf Einträge.
Offene Fragen und Unsicherheiten
Nach Auffassung der Kanzlei Helge Petersen & Collegen gibt es viele Fragen an die Co.Net, deren Beantwortung die Mitglieder brennend interessieren dürfte. Um nur einige zu nennen:
- In welche Immobilien wurde konkret mit welchen Beträgen investiert?
- Wer ist als Eigentümer/in in den entsprechenden Grundbüchern eingetragen?
- Welche Belastungen bestehen bei den Immobilien?
- Was genau verbirgt sich unter dem Begriff „Anlagevermögen“ im Jahresabschluss 2021?
- Wie lautet die konkrete Begründung, warum kein Prospekt erstellt wurde?
- Treffen die Angaben von Stiftung Warentest bezüglich eines vorläufigen Insolvenzverfahrens und dessen Aufhebung zu?
- Lag oder liegt tatsächlich ein Insolvenztatbestand vor?
- Warum wurde der Beschluss über die vorläufige Insolvenzverwaltung wieder aufgehoben?
- In welcher Höhe machen Genossenschaftsmitglieder aktuell Forderungen gegen die Co.Net insgesamt geltend?
Die Fachkanzlei Helge Petersen & Collegen ist auf dem Gebiet des Bank- und Kapitalmarktrechts seit Jahren bundesweit erfolgreich für geschädigte Anleger aktiv. Tausende Urteile und Vergleiche bürgen für Anlegerschutz auf höchstem Niveau. Kontaktieren Sie uns gern.
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