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Keine Abführung von Kapitalertragsteuer bei Vergleichszahlungen

Häufig stellt sich die Frage, wie Vergleichszahlungen wegen fehlerhafter Anlageberatung steuerlich zu behandeln sind. Der Hamburger Niederlassung unserer Kanzlei ist es gelungen vor dem Oberlandesgericht Hamm bezüglich der Kapitalertragsteuer ein positives Urteil für unsere Mandantin zu erstreiten.

Im Rahmen eines Vergleichs vor dem Landgericht Essen sollte die Mandantin wegen fehlerhafter Anlageberatung bezüglich eines geschlossenen Schiffsfonds eine Zahlung in Höhe von 4.000 Euro erhalten. Jedoch zahlte das betroffene Kreditinstitut lediglich einen Betrag von 3.248,16 Euro aus und führte 751,84 Euro an das Finanzamt ab. Es sah sich zur Abführung dieses Teilbetrages an das Finanzamt verpflichtet, weil es sich seinem Erachten nach um die Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer handelt. Zu der Abführung dieser Zahlungen sind deutsche Kreditinstitute dann verpflichtet, wenn es sich bei dem entsprechenden zugrunde liegenden Betrag um Einkünfte aus Kapitalvermögen handelt. Auch im Falle unserer Mandantin nahm das Kreditinstitut an, dass eben solche Einkünfte vorlägen. Gemäß § 20 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes unterfallen nämlich auch besondere Entgelte oder Vorteile, die sich aus den Einkünften aus Kapitalvermögen ergeben, der Kapitalertragsteuer.

Nach mehrmaliger Aufforderung zur Begleichung des restlichen Betrags, legte das Kreditinstitut daraufhin Klage beim Landgericht Essen ein und verlangte die Herausgabe der vollstreckbaren Vergleichsausfertigung. Die Vollstreckungsgegenklage hatte vor dem Landgericht Essen Bestand. Laut den Urteilsgründen war das klagende Kreditinstitut zur Abführung der Kapitalertragsteuer verpflichtet, so dass mit der Zahlung eines Vergleichsbetrages in Höhe von lediglich 3.248,16 EUR die Erfüllung des Vergleichs erwirkt sei. Daher erklärte das Landgericht Essen die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich für unzulässig und forderte die Herausgabe der Ausfertigung des Vergleichs, aus der vollstreckt werden kann.

Gegen dieses Urteil haben wir für unsere Mandantin Berufung am Oberlandesgericht Hamm erfolgreich eingelegt. Das Gericht erkannte, dass die Abführung der Kapitalertragsteuer nicht hätte erfolgen müssen, weil es sich bei den Einnahmen aus der Beteiligung am geschlossenen Schiffsfonds nicht um Einkünfte aus Kapitalvermögen sondern um solche aus Gewerbebetrieb handele. Dies hätte auch das Kreditinstitut wenigstens aus dem Verkaufsprospekt erkennen müssen, denn die Beteiligung an der Kommanditgesellschaft war als Mitunternehmerschaft gestaltet. § 20 Abs. 3 EStG setzt voraus, dass im Grunde Einkünfte aus Kapitalvermögen vorlagen. Nur solche Zahlungen, die auch Surrogate dieser Einkünfte sind, unterfallen dann der Kapitalertragsteuer, nicht schlichtweg jede Entschädigungszahlung. Außerdem reicht ein pauschaler Vergleichsbetrag nicht zur Begründung aus. Der Gesamtbetrag hätte in Einzelposten konkretisiert werden müssen, damit zum Beispiel Prozesszinsen, die der Kapitalertragsteuer unterliegen, erkannt und genau benannt werden können. Im vorliegenden Fall stand jedoch der entstandene Anlageschaden wirtschaftlich im Vordergrund. Das Oberlandesgericht Hamm hat das Urteil abgeändert und die Klage (Vollstreckungsgegenklage) des Kreditinstituts zurückgewiesen.

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Kapitalertragsteuerabzug auf Schadenersatzleistungen von Banken?

Die steuerrechtliche Behandlung zivilrechtlicher Schadenersatzansprüche führt häufig zu neuen Konflikten, wenn Banken nach der Beendigung eines zivilrechtlichen Verfahrens – sei es durch Vergleich oder Urteil – Schadenersatzleistungen um hierauf vermeintlich anfallende Kapitalertragsteuer kürzen und diesen Betrag an die Finanzverwaltung abführen. Vermehrt betrifft dies in letzter Zeit Gerichtsverfahren, die die Rückabwicklung geschlossener Fonds aufgrund einer fehlerhaften Anlageberatung zum Gegenstand hatten.

Triebfeder für diesen vorauseilenden Gehorsam ist nicht selten die Furcht der Banken, sie könnten bei einer bestehenden Kapitalertragsteuerabzugsverpflichtung neben dem eigentlichen Schuldner der Kapitalertragsteuer (also dem Gläubiger/Empfänger der Schadenersatzleistung) als „Haftungsschuldner“ herangezogen werden.

Wird eine geschuldete Geldleistung an den Gläubiger gezahlt, erlischt das Schuldverhältnis. Dabei ist der geschuldete Betrag im Regelfall unmittelbar an den Gläubiger zu zahlen. Handelt es sich bei dem Schuldner der Schadenersatzleistung jedoch um ein inländisches Kreditinstitut und bei dem Gläubiger um ihren Kunden wird dieser Grundsatz durch die Vorschriften zum Steuerabzug durchbrochen. Durch die Kapitalertragsteuerabzugsverpflichtung kann die zivilrechtliche Leistungsverpflichtung gegenüber dem Gläubiger der Schadenersatzleistung durch eine abgabenrechtliche Leistungsverpflichtung überlagert werden.

Als auszahlende Stelle kann für ein inländisches Kreditinstitut die Verpflichtung bestehen, die zu entrichtende Kapitalertragsteuer zuzüglich des Solidaritätszuschlags einzubehalten, anzumelden und an das zuständige Finanzamt abzuführen. Da die Bank gegenüber der Finanzverwaltung für die Abführung der Kapitalertragsteuer haftet, kommt der Erfüllung dieser Abzugsverpflichtung gegenüber dem Gläubiger der Schadenersatzleistung grundsätzlich Erfüllungswirkung zu.

Die Erfüllungswirkung tritt allerdings dann nicht ein, wenn für die Bank eindeutig erkennbar ist, dass eine Verpflichtung zum Kapitalertragsteuerabzug nicht besteht. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn es sich bei den durch die Bank als kapitalertragssteuerpflichtig behandelten Leistungen nicht um Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne von § 20 EStG handelt.

Der Steuerabzug ist unter Beachtung der im Bundessteuerblatt veröffentlichten Auslegungsvorschriften der Finanzverwaltung vorzunehmen. Das zur Abführung der Kapitalertragsteuer verpflichtete Kreditinstitut ist als Organ der Steuererhebung grundsätzlich an die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung gebunden.

Zumeist stützen sich die Banken, für die Frage, ob Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen ist, auf das BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016 (Einzelfragen zur Abgeltungsteuer; Neuveröffentlichung des BMF-Schreiben mit dem Geschäftszeichen IV C1 – S 2252/08/10004:017) in dem es unter Ziffer 3 [Besondere Entgelte und Vorteile (§ 20 Absatz 3 EStG)] unter Randziffer 83 [Schadenersatzleistungen oder Kulanzerstattungen] heißt:

„Erhalten Anleger Entschädigungszahlungen für Verluste, die auf Grund von Beratungsfehlern im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage geleistet werden, sind diese Zahlungen besondere Entgelte und Vorteile i.S. des § 20 Abs. 3 i.V.m. Absatz 1 oder 2 EStG, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zu einer konkreten einzelnen Transaktion besteht, bei der ein konkreter Verlust entstanden ist oder ein steuerpflichtiger Gewinn vermindert wird. Die gilt auch dann, wenn die Zahlung ohne eine rechtliche Verpflichtung erfolgt, und im Übrigen auch bei Entschädigungszahlungen für künftig zu erwartende Schäden.“

Dieses BMF-Schreiben dient aber allein der Auslegung des § 20 Absatz 3 EStG, der besagt:

„Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden.“

Wie sich aus dem Wortlaut des § 20 Absatz 3 EStG ergibt, werden Einkünfte aus Kapitalvermögen vorausgesetzt. Diese Norm unterwirft damit gerade nicht jede Entschädigungszahlung der Kapitalertragsteuer. Vielmehr unterliegen dieser Form der Steuerabgeltung nur Entschädigungszahlungen, die ein Surrogat der Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne von § 20 Absatz 1 und 2 EStG darstellen. Eine Schadenersatzleistung dürfte daher nur dann zu einer Kapitalertragssteuerpflicht führen, soweit sich die Schadenersatzleistung auf eine Kapitalanlageform bezieht, dessen Erträge selbst der Kapitalertragsteuer unterliegen.

Ein erheblicher Teil der geschlossenen Fonds basiert jedoch darauf, dass die Anleger steuerrechtlich als Mitunternehmer an einer Kommanditgesellschaft beteiligt sind, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 EStG erzielt, sei es originär aufgrund der Art der erzielten Einkünfte oder aufgrund der gewerblichen Prägung der Gesellschaft.

Soweit ein Schadenersatzanspruch auch Verzugs- und Prozesszinsen beinhaltet unterliegen diese dem Grunde nach der Kapitalertragsteuer. Für den Abzug von Kapitalertragsteuer genügt es allerdings nicht, wenn beispielsweise in einem Vergleich pauschal ein Betrag als Schadenersatz vereinbart wird, ohne spezifizierte Teilsummen auf bestimmte Teile der Klagforderung zu beziehen. Denn für den Abzug von Kapitalertragsteuer müssen Erträge aus Kapitalvermögen konkret zugerechnet werden können.

Des Weiteren kann es sich bei einer Schadensersatzleistung schon nach dem Wortlaut nicht um einen „Vorteil“ im Sinne des oben aufgeführten § 20 Absatz 3 EStG handeln, denn dies setzt voraus, dass es sich bei einer Einnahme um ein Nutzungsentgelt für eine Kapitalüberlassung oder um einen realisierten Gewinn aus einer Veräußerung handelt. Eine Entschädigungszahlung stellt dagegen eine eigenständige schuldrechtliche Verpflichtung gegenüber dem Anleger dar, die allein den ursprünglichen Aufwand des Anlegers reduziert.

Nach Auffassung des Landgerichts Frankfurt handle es sich bei einer Schadenersatzleistung weder um einen Ertrag aus einer Kapitalforderung für die Überlassung des Kapitals im Sinne des § 20 Absatz 1 Nr. 7 EStG, noch um einen Gewinn aus der Veräußerung oder Übertragung einer Kapitalforderung im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 EStG. Eine Schadenersatzleistung diene daher nicht dem Ausgleich eines Gewinns, sondern allein der Abgeltung des zugefügten Schadens. Es liege daher lediglich ein Nachteilsausgleich vor und nicht ein „Vorteil“ im Sinne des § 20 Absatz 3 EStG (LG Frankfurt/Main, Urteil vom 21. Dezember 2011, Az. 2-25 O 218/11).

Auch nach einem Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Hamm beinhaltet eine Vergleichszahlung in den Fällen der Kapitalanlageberatung in der Praxis zumeist weder den entgangenen Gewinn noch Verzugs- der Prozesszinsen. Vielmehr stehe der geltend gemachte Anlageschaden wirtschaftlich eindeutig im Vordergrund (OLG Hamm, Beschluss vom 06.09.2018, I-34 U 10/18, n.v.).

Zudem ist ein weiterer Aspekt zu beachten. Wendet eine Bank ein, Kapitalertragsteuer an das Finanzamt abgeführt zu haben, so stellt dies allein noch keinen tauglichen Erfüllungseinwand dar. Nach Auffassung des Landgerichts Mönchengladbach stehe die von der Bank behauptete Entrichtung der Kapitalertragsteuer einer Vollstreckung der Gläubigerin der Schadenersatzleistung solange nicht entgegen, wie kein tauglicher Nachweis hierfür und keine Steuerbescheinigung vorgelegt werden könne (LG Mönchengladbach, Entscheidung vom 12. Januar 2015, 10 O 309/14, n.v.). Dabei seien die Vorgaben der Finanzverwaltung zu beachten. Danach ist die auszahlende Stelle verpflichtet, dem Gläubiger der Kapitalerträge eine Steuerbescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster zu erteilen.

Dieser Beitrag soll Interessenten lediglich einen Überblick verschaffen, kann aber ein persönliches Beratungsgespräch nicht ersetzen. Der Inhalt wurde unter Beachtung der anwaltlichen Sorgfaltspflichten erstellt. Jede Haftung ist ausgeschlossen.

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